Zieh dein Ding durch!

Zieh dein Ding durch!

Wie erreicht man ein Ziel trotz aller Krisen und Widerstände? Ein Profi-Surfer und zwei Weltenradler zeigen dir ihren Weg!

So nah dran war Philip Köster noch nie. Einmal, zweimal, zweidreiviertelmal überschlagen sich sein himmelblaues Brett und das orangerote Segel, bevor er mit ihnen wieder zwischen den meterhohen Wellen eintaucht. Die Drehungen bei Windstärke neun sind so rasend schnell, dass man sie ohne Zeitlupe kaum mitzählen kann. Seit Jahren versucht sich der Deutsche am Triple Forward-Loop, dem in der Windsurf-Szene legendären dreifachen Vorwärtssalto, den noch nie jemand nachweislich vollendet hat und der von vielen eh für unmöglich gehalten wird. Im Juli 2018 schaffte Köster beim Weltcup auf Gran Canaria immerhin den zweidreiviertelfachen Überschlag – so viel wie kaum einer vor ihm. „Ich arbeite mich da langsam ran“, verspricht der viermalige Windsurfweltmeister gut gelaunt.

 

Freude an dem finden, was man tut

Vier bis fünf Stunden verbringt der 25-Jährige täglich auf dem Wasser, reitet Wellen ab, trainiert Dutzende von Sprüngen. Rauf aufs Brett, runter vom Brett, wieder rauf aufs Brett – und das nicht nur bei Sonnenschein und Badewannentemperaturen. Trotzdem zieht Philip sein Programm (fast) jeden Tag mit Begeisterung durch. Damit unterscheidet sich der Profisportler von einigen Altersgenossen, die sich allzu oft mit wenig Elan ins Büro schleppen, die anstelle ihrer Examensvorbereitung lieber die Wohnung putzen oder die beim ersten Regentropfen die Laufschuhe gleich wieder in den Schrank stellen. Was den Unterschied macht? Selbstmotivation.

„Ich habe mein Hobby – die Sache, mit der ich meine Zeit am allerliebsten verbringe – zum Beruf gemacht“, erklärt Köster. „Deshalb fällt es mir nicht schwer, mich jeden Tag aufs Brett zu schwingen. Und wenn es mir doch mal zu viel wird, hilft ein bisschen Abstand, damit ich mich wieder aufs Wasser freue.“ Früher war das gezwungenermaßen der Vormittag auf der Schulbank, heute sind es Ausflüge in die Berge oder Abwechslung durch Medien- und Werbetermine. „Ich gehe das Ganze entspannt an und trainiere so lange, wie es gerade Spaß macht. Wenn einer Druck macht, dann höchstens ich mir selber.“

Damit hat der Surfer schon mal zwei Faktoren auf seiner Seite, die laut Motivationsforschern einen Menschen am meisten anspornen: Freude an dem, was man tut, und die Möglichkeit mitzugestalten. Clever also, wer bei der Jobwahl nach Unternehmen sucht, die ihm entsprechende Freiheiten bieten.

 

Hauptsache Feuer und Flamme

Ebenfalls wichtig, um den inneren Schweinehund zu besiegen: Ziele, Träume, Sinn. Wer kein Ziel hat, für das er brennt, und wem das, was er tut, nicht aus irgendeinem Grund wichtig ist, der hat auch wenig Antrieb, überhaupt anzufangen oder dabeizubleiben – geschweige denn, sich anzustrengen, wenn es mal schwierig oder langweilig wird. Für Philip Köster ist das zum Beispiel das Training mit Wind von rechts. „Dann muss man alle Bewegungen andersherum machen. Das ist anstrengend und nervig.“ Genauso wie bei Wettkämpfen das oft tagelange Warten am Strand, bis der Wind endlich stimmt. „Aber das gehört eben alles dazu. Ich weiß, wofür ich das mache.“ Für Weltmeistertitel Nr. 5, 6 und 7, für den Triple Loop, für die Lust am Kräftemessen. „Ich bin ein Wettkampftyp und verliere nicht gerne, deshalb hänge ich mich rein, um immer besser zu werden.“

 

Kleine Erfolgserlebnisse suchen

Tatsächlich sind Verbesserung und Erfolg wichtige Treiber, die einen dazu bringen, weiter fürs Studium zu lernen, das Marathontraining durchzuziehen oder die nächste Karrierestufe anzupeilen. Wer regelmäßig sieht, dass es vorangeht, motiviert sich für die Zukunft leichter als jemand, der ständig mit Stillstand konfrontiert ist. Deshalb ist es schlau, sich regelmäßig kleine Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Etwa ein kleiner Halbmarathon auf dem Weg zur Langstrecke oder die gegenseitige Erfolgskontrolle in der Lerngruppe.

Ohnehin sind Menschen viel motivierter durchzuhalten, wenn sie nicht alleine sind. Dabei ist es egal, ob das wie bei Philip Köster im Wettbewerb passiert – oder indem man gemeinsam ein Ziel verfolgt. So wie Maximilian Jabs und Nono Konopka. Die Freunde sind in achteinhalb Monaten von Berlin nach Peking geradelt. 15.000 Kilometer, 20 Länder, über Gebirge, durch Wüsten und Wolkenbrüche (www.bikingborders.com). Obwohl ihnen bei minus 23 Grad im Iran fast die Finger abfroren, ein Braunbär sie im Schlaf überraschte und Nono mit Mageninfektion in einem turkmenischen Krankenhaus landete, haben die beiden ihr Vorhaben durchgezogen. „Aufgeben stand nie zur Debatte“, sagt Max Jabs. „Zum einen, weil wir uns gegenseitig anfeuern konnten. Vor allem aber, weil wir unser Ziel so unbedingt erreichen wollten.“ Mit ihrer Tour warben die beiden 25-jährigen Wirtschaftsabsolventen für weltweit bessere Bildungschancen und sammelten 74.000 Euro Spenden für einen Schulbau in Guatemala. „Wir wollen in unserem Leben einen positiven Unterschied machen. Und wenn man mit solch einer Vision unterwegs ist, ist man von innen heraus so motiviert, dass alle externen Faktoren egal sind. Das befriedigt einen viel mehr als zum Beispiel Geld, Schlagzeilen oder irgendein InstagramRuhm“, sagt Nono Konopka. „Wir hatten einen Traum – der nun 600 Kindern eine bessere Zukunft ermöglicht.“

 

Kraft für echte Krisen

Doch was ist, wenn ein Traum zu platzen droht? Wenn man das entscheidende Examen versemmelt, die Kündigung droht, man eine Trennung verkraften muss oder eine schwere Krankheit? Dann ist es nicht mehr so sehr eine Frage der Motivation, wie gut man solch eine Krise meistert. Hier kommt vielmehr die innere Stärke ins Spiel, erklärt Marvin Franke, der am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Uni Erlangen für das Forschungsprojekt StudiCare arbeitet. Dort geht es unter anderem darum, Studierende in Sachen Widerstandskraft und innerer Stärke zu fördern (www.studicare.com). „Die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen zu meistern, ist bei jedem anders ausgeprägt und zum Teil genetisch veranlagt“, sagt Franke. „Aber bei der mentalen Widerstandsfähigkeit ist es wie mit unseren körperlichen Abwehrkräften. Man kann viel dafür tun, sie zu stärken.“ 

Stehaufmännchen-Qualitäten machen einen nicht immun gegen Krisen. Widerstandsfähige Menschen sind aber schneller wieder auf den Beinen. Statt sich lange in schlechten Gefühlen zu verlieren und sich an einem Problem festzubeißen – was unendlich anstrengend ist –, schöpfen sie schnell wieder Mut und konzentrieren sich auf die Lösung.

„Diese Stärke, sich zurückzukämpfen, ist auch für den Berufsstart sehr wichtig“, sagt Psychologe Franke. „Ständig strömt Neues auf einen ein, nicht immer gelingt alles. Das stresst.“ Wer dann nicht in der Lage ist, gesund mit den Belastungen umzugehen, ist konstant überwältigt von den Anforderungen. „Und das raubt Energie. Energie, die man bräuchte, um sich rauszurudern.“ Im schlimmsten Fall eskaliert das in Burn-out oder Depressionen. Aktuelle Studien zeigen zudem, dass sich jeder vierte Student ständig unter Druck fühlt. Jeder fünfte hat bereits schon mal die Diagnose für eine psychische Erkrankung erhalten. Grund genug, sich so früh wie möglich um die Themen Selbstmotivation und Widerstandskraft zu kümmern. #