Gehaltvolle Gespräche

Gehaltvolle Gespräche

Die Gehaltsverhandlung ist eine Sache für sich: Wie überzeugt man den Chef oder die Chefin davon, dass die eigene Leistung mehr wert ist? Verhandlungsexpertin Claudia Kimich verrät, wie man mit Fingerspitzengefühl die eigenen Finanzen aufbessert.

Sparschwein

Das Durchschnittsgehalt für Vollzeit-Angestellte in Deutschland beträgt 51.009 Euro brutto im Jahr: Das ist das Ergebnis des Gehaltsreports 2022 von StepStone und Gehalt.de. Zwischen den Geschlechtern klafft eine große Lücke: Laut Statistischem Bundesamt hatten Frauen 2021 mit durchschnittlich 19,12 Euro einen um 4,08 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (23,20 Euro); im Vorjahr lag diese Differenz bei 4,16 Euro. Wer gerne mehr verdienen möchte, sollte über eine Gehaltsverhandlung nachdenken.

Gespräche übers Gehalt lohnen sich meistens bei guter Vorbereitung, so die Münchener Verhandlungsexpertin Claudia Kimich. Unbedingt rät sie Mitarbeitern dazu, vor dem Gespräch die eigenen Ziele zu überlegen: „Wo liegt die ,Yabba Dabba Doo‘-Grenze für mein absolutes Traumgehalt, wo die ,Okay‘-Grenze für das Gehalt, mit der ich gut leben kann, und wo die Schmerzgrenze, bei der ich sage: ,Darunter mache ich es nicht‘?“ In die Verhandlung steige man natürlich mit dem „Yabba Dabba Doo“-Betrag ein, so die Gehaltsexpertin. Ebenso klar müsse der Angestellte benennen können, welchen Nutzen er selbst für das Unternehmen erbringt. „Es hilft außerdem, wenn der Mitarbeiter genau weiß, mit wem er verhandelt“, betont Kimich. Arbeitet man schon länger in dem Unternehmen, weiß man, wie man den Chef einschätzen kann. „Steht man jedoch ganz am Anfang seiner Zeit in einem Betrieb, empfehle ich“, so Kimich, „so viel wie möglich über den Chef herauszufinden, zum Beispiel über die sozialen Medien.“

 

Unter realen Bedingungen üben

Kimich unterscheidet verschiedene Cheftypen. „Einer davon ist zum Beispiel der ,Zahlen-, Daten-, Fakten-Mensch‘, der nur mit sachlichen Argumenten überzeugt werden kann und der Emotionen völlig ausklammert“, sagt Kimich. „Zugleich erwartet dieser Typ Chef Offenheit: Bei Fehlern ist es wichtig, diese proaktiv zu benennen und selbst eine Lösung anzubieten.“

Demgegenüber stünde etwa ein Typus Chef, „dem die Beziehungsebene zu seinen Angestellten wichtig ist und bei dem Mitarbeiter gut punkten können, wenn sie sich zunächst durch angemessenes, echtes Interesse an der Person an ihn heranpirschen“, so Kimich. „Damit sorgen sie für eine Wohlfühlatmosphäre und steigen so nach und nach in die Verhandlung ein.“ Grundsätzlich sei es wichtig, das Gespräch zu üben, am besten unter realen Bedingungen, rät Kimich. „Ich empfehle meinen Klienten, sich regelmäßig auf Stellen zu bewerben, die zwar passen, die sie jedoch gar nicht wirklich haben wollen, und dort dann für das Verhandlungsgespräch zu trainieren.“ Das habe zum einen den Vorteil, dass man so eine Verhandlungsroutine entwickele. Zum anderen entstünden bei solch einer Gelegenheit mitunter Gehaltsangebote, die man seinem aktuellen Chef dann unter die Nase reiben könne: „Diese Summe würde mir das Unternehmen XY anbieten – was ist Ihr Angebot?“

 

Zeitlos: die sachliche Retourkutsche

Jederzeit rechnen müsse man mit „Killerphrasen“. „Sätze wie ,Ich würde Ihnen ja gerne mehr Geld geben, aber wir haben im Moment kein Budget‘ sind Totschlagargumente. Bereiten Sie sich darauf vor, indem Sie Antworten finden und üben“, so Kimich, „bestenfalls recherchieren Sie die wirtschaftliche Lage der eigenen Branche und finden heraus, dass durch Fachkräftemangel durchaus Budget da wäre.“ Immer einsetzbar, sagt Kimich, sei die sachliche Retourkutsche: „,Sie erwarten von mir Leistung – ich erwarte von Ihnen eine faire Bezahlung‘, ist beispielsweise eine gute Antwort; so weist man den Chef freundlich, aber deutlich darauf hin, dass man mit dem Status quo nicht zufrieden ist und sich etwas ändern muss.“ Und läutet im besten Fall die nächste Verhandlungsrunde ein. #