Studium digitale

Studium digitale

Lernen am Laptop, Kontakt zu Kommilitonen per Klick: So erleben Studierende in Pandemiezeiten den technologischen Wandel an Ihrer Hochschule.

Verwaiste Hörsäle, kurze Prüfungslisten, nix los in der Cafeteria, von Erstsemester-Partys ganz zu schweigen. Wer im Wintersemester 2021/2022 den Uni-Campus betrat, wurde Zeuge der Symptome, die das Corona-Virus den deutschen Hochschulen angehängt hat. Doch wo Not ist, wächst das Rettende auch – die digitale Kompetenz der Bildungsstätten erfährt gerade einen erzwungenen Aufschwung. Welche Uni dabei am weitesten vorn liegt, lässt sich kaum sagen, die digitalste Hochschule des Landes gibt es nicht. Rankings zur Digital Readiness bieten zwar eine gewisse Orientierung, sind aber wegen der dünnen Datenlage mit Vorsicht zu betrachten. Aussagekräftiger sind da subjektive Erfahrungen von Studierenden, die das erste Semester gerade hinter sich haben – vier junge Erwachsene berichten davon. #

 

Moritz Liska, 18, studiert Humanmedizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg:

„Die ersten Monate an der Uni haben sich wegen Corona noch nicht so richtig nach Studium angefühlt. Je mehr sich die Pandemielage zugespitzt hat, desto weniger Veranstaltungen fanden in Präsenz statt, sondern online. Immerhin funktioniert die notwendige digitale Technik der Uni recht gut.

Der Großteil der Veranstaltungen lief aber nicht live ab, sondern per hochgeladenen Videomitschnitten. Dadurch konnte ich zum Beispiel nicht im Biologie- und Physikpraktikum experimentieren, sondern durfte nur dem Dozenten dabei zuschauen.

Ursprünglich wollte ich nicht in meiner Heimat Freiburg studieren, sondern eine neue Stadt kennenlernen. Aber als Minderjähriger hat man bei der Wohnungssuche keine Chance: Als ich mich eingeschrieben habe, war ich erst 17. Deswegen habe ich auch noch keinen lukrativen Nebenjob –macht aber nichts, ich wohne bei meinen Eltern.“ #

 

Mareike Ullrich, 19, studiert an der Universität Bayreuth Biologie:

„Ich habe mich für Bayreuth wegen des guten Rufs entschieden und weil es dort keinen NC für Bio gibt, daher war die Einschreibefrist länger – ich hatte das Abi wegen Corona erst im Juli und hätte an den meisten Unis nur zwei Wochen für die Bewerbung gehabt. Meine Vorlesungen sind teils in Präsenz, teils finden sie online statt. Das hängt stark von den Dozenten ab. Hybridformen gibt es auch, wobei die meisten Studierenden die digitale Option mit hochgeladenen Materialien bevorzugen. Nachvollziehbar, denn so kann man sein Lernpensum selbst strukturieren. Gleichzeitig auch schade, weil der Kontakt zu den Kommilitonen fehlt.

Positiv haben mich die technischen Bedingungen und digitalen Services der Uni überrascht. Das läuft ziemlich problemlos, und die Dozenten sind überwiegend fit in den Anwendungen. An zwei Praktika nehme ich in Präsenz teil: dem Tier-Sezierkurs und einer Übung zu Pflanzenwissenschaften. Verpasste Termine des Sezierkurses kann man zu Hause nachholen: Dafür haben wir kurz vor Weihnachten das Papiermodell eines Seesterns zum Ausschneiden und Beschriften der Organe bekommen. Ich habe es an den Christbaum gehängt.“ #

 

Johanna Schwab, 18, studiert Schulmusik an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz sowie Mathematik an der Universität zu Köln:

„Die Pandemie hat mir eine außergewöhnliche Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule beschert: Eigentlich hätte ich der Prüfungskommission vor Ort Klavier und Geige vorspielen und vorsingen sollen. Stattdessen musste ich selbstgedrehte Instrumental-Videos von mir hochladen. Am skurrilsten war es, live vom Blatt zu singen: In der Online-Prüfung hat mir die Kommission Noten vorgelegt, deren Melodie ich in der Zoom-Sitzung spontan vortragen musste. Manchmal sitze ich drei Tage hintereinander in meinem Wohnheimzimmer, schaue Lehrvideos und treffe keinen einzigen Menschen. Auch die Vorbereitung für die Matheklausuren ohne persönlichen Kontakt zu Dozenten fand ich total schwierig.“ #

 

Malte Mohrbacher, 21, studiert an der Technischen Hochschule (TU) Berlin Ökologie und Umweltplanung:

„Auf meine Fächer bin ich durch Online-Recherche auf Hochschulseiten gekommen, einige Unis haben ihre Internetpräsenz verbessert. An der TU Berlin hat sich auch in Sachen digitale Technik etwas getan, die Bedingungen für Online-Vorlesungen und -Seminare sind – unabhängig vom Studiengang – recht ordentlich, beispielsweise wenn sie über das Videoportal Zoom laufen. Aber nicht allen Veranstaltungen der Hochschule müssen die Studierenden vor dem Rechner sitzend folgen. Ich habe beispielsweise noch zwei Veranstaltungen in Hybridform – man kann entweder online teilnehmen oder mit beschränkter Teilnehmerzahl in Präsenz.“ #

 

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Unis im Überblick

  •  Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Digitale Angebote: unter anderem Studienberatung, Studienwahlassistent, Medienportal, Prüfungen, Social Media, Bewerbung, Immatrikulation, Bibliothek, E-Learning-Plattform
  • Universität zu Köln: Digitale Angebote: unter anderem Campusmanagementsystem, Studienberatung, Medienportal, E-Learning-Plattform, Prüfungen, Social Media, Bewerbung, Immatrikulation, Bibliothek
  • Hochschule für Musik und Tanz Köln: Digitale Angebote: u.a. Campuscloud, Konferenzdienst, Videoportal, Raumbuchung, E-Learning-Plattform, Studienberatung, Medienportal, Prüfungen, Social Media, Bewerbung, Immatrikulation, kostenlose Nutzung Microsoft Office 365, Bibliothek
  • Technische Universität Berlin: Digitale Angebote: u.a. Verwaltung von Lehrveranstaltungen, Prüfungen, Tutorien, Lernplattform, kostenlose Cloud
  • Universität Bayreuth: Digitale Angebote: Lernplattform, Kurse externer Anbieter, Videoplattform, Konferenzservice, kostenlose Spezial-Software, Studiumsverwaltung